Die zunächst zum 01.07.2007 geplante Reform des Unterhaltsrechts wird nach Aussage von Bundesjustizministerien Zypris in dieser Woche im Bundestag verabschiedet werden und zum 01. Januar 2008 in Kraft treten.

Der Entwurf der Reform wird in den wesentlichen Teilen wohl unverändert verabschiedet werden. Dies bedeutet vor allem, dass die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten geändert wird: Der Kindesunterhalt soll künftig Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen haben, also unter anderem dem Unterhaltsanspruch des getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten vorgehen. Die Reform sieht diesbezüglich vor, dass Kinder aus 1. oder späterer Ehe und Kinder aus nichtehelichen Lebensgemeinschaften unterhaltsrechtlich durch den sog. ersten Rang gleich gestellt werden. Nach langer Ehe sollen Ehegatten durch den zweiten Rang besser gestellt werden als Ehegatten aus einer verhältnismäßig kurzen Ehe, aus der keine Kinder hervor gegangen sind; deren Unterhaltsanspruch findet sich künftig voraussichtlich im dritten Rang wieder.

Praktisch relevant wird diese Änderung der Rangfolge nur in sog. Mangelfällen, also in den Fällen, in denen der Unterhaltsverpflichtete nicht über genügend Einkommen verfügt, um allen Unterhaltsansprüchen nachkommen zu können. Nach jetziger Rechtslage muss sich das minderjährige Kind den ersten Rang mit geschiedenen und aktuellen Ehegatten teilen. Nichteheliche Elternteile, die Unterhalt wegen der Betreuung des Kindes erhalten, haben derzeit nur dann einen Unterhaltsanspruch, wenn nach Erfüllung der erstrangigen Ansprüche noch etwas vom Einkommen des Pflichtigen übrig bleibt.

Eine weitere Änderung wird die Befristung des nachehelichen Unterhalts darstellen: Die Garantie des in der Ehe erreichten Lebensstandards wird in dieser Form wegfallen; nach dem Grundsatz der nachehelichen Eigenverantwortung wird in größerem Umfang die (Wieder-)aufnahme einer Erwerbstätigkeit erwartet werden.

Bei der Frage, ab welchem Alter der Kinder der betreuende Elternteil wieder erwerbstätig werden muss, werden die tatsächlich bestehenden Möglichkeiten der Fremdbetreuung eine größere Rolle spielen als bisher: Der Betreuungsunterhalt wird nun - unter Angleichung an die bisherige Regelung für nichteheliche Eltern - auf drei Jahre ab dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes begrenzt, wodurch der Gesetzgeber dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts nachkommt und Eltern von ehelichen und nichtehelichen Kindern im Rahmen des Betreuungsunterhalts gleich stellt. Allerdings soll ein Unterhaltsanspruch auch über diesen Zeitraum hinaus bestehen, wenn der Ehegatte wegen der Betreuung der Kinder seine Erwerbstätigkeit aufgegeben und auf eine eigene Karriere verzichtet hat; sog. ehebedingte Nachteile werden also nach wie vor ausgeglichen.

Die Reform konnte nicht wie geplant zum 01.07.2007 in Kraft treten, da das Bundesverfassungsgericht entschieden hatte, dass die unterschiedliche Dauer der Unterhaltsansprüche für die Betreuung ehelicher und nichtehelicher Kinder verfassungswidrig ist (vgl. den hiesigen Artikel zum Beschluss vom 28.02.2007, Az. i BvL 9/04). Da auch die Reform eine solche unterschiedliche Behandlung des Betreuungsunterhalts vorsah, musste der Gesetzgeber nun nachbessern.

Auswirkungen für die Praxis:

Die Reform wird sich in erster Linie auf die sog. Mangelfälle auswirken, bei denen sich minderjährige Kindern derzeit nach einer Quotenberechnung das zur Verfügung stehende Einkommen des Pflichtigen mit früheren und aktuellen Ehegatten teilen müssen. Hier wird eine deutliche Besserstellung der minderjährigen Kinder erfolgen.

Eine weitere - möglicherweise erhebliche - Änderung wird bei der Dauer und der Höhe des nachehelichen Unterhalts eintreten. Der Unterhalt für die Elternteile, die Kinder betreuen, wird jedoch weniger drastisch geändert, als es derzeit scheint: In der Vielzahl der Fälle hat der die Kinder betreuende Elternteil für diese „Familienarbeit" seine Erwerbstätigkeit aufgegeben und dadurch sog. ehebedingte Nachteile in Kauf genommen, die nach wie vor durch Unterhaltszahlungen ausgeglichen werden. Die Befristung des Betreuungsunterhalts auf drei Jahre wird also in der Praxis - entgegen dem Gesetzestext der Reform - nicht der Regelfall werden.

Die Reform wird zum 01.01.2008 in Kraft treten. Auch auf Altfälle werden die Änderungen angewandt werden können, sofern dies den Unterhaltsberechtigten unter Vertrauensgesichtspunkten zumutbar ist. Bestehende Unterhaltsvereinbarungen sollten daraufhin überprüft werden; Vereinbarungen, die bis Inkfrattreten noch abgeschlossen werden, sollten einen Änderungs- oder Anpassungsvorbehalt vorsehen.

Verfasserin: Rechtsanwältin Dr. Annette Wittmütz

05.11.2007