Das OLG Köln beschäftigte sich in einem Urteil vom 01.04.2014, Az. 3 U 165/13, mit den Voraussetzungen des sog. lebzeitigen Eigeninteresses eines Erblassers, der in einem Erbvertrag oder Ehegattentestament einen Dritten zum Erben eingesetzt hatte.

Ist eine solche Erbeinsetzung in einem Erbvertrag als wechselseitig und bindend anzusehen, ist der Vertragserbe nach der Vorschrift des § 2287 BGB gegen Schenkungen des Erblassers geschützt, sofern kein sog. lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers besteht. Das gleiche gilt für einen Erben, der in einem Ehegattentestament als Erbe des Letztversterbenden eingesetzt wird.

Der Gesetzgeber behandelt in diesen Fällen Schenkungen des Erblassers als missbräuchlich, sofern der Zuwendende kein lebzeitiges Eigeninteresse verfolgt. Ein solches Interesse ist zu bejahen, „wenn nach dem Urteil eines objektiven Beobachters die Verfügung in Anbetracht der gegebenen Umstände auch unter Berücksichtigung der Bindung durch das gemeinschaftliche Testament als billigenswert und gerechtfertigt erscheint“, so das OLG Köln. Der eingesetzte Erbe, der sich gegen die Zuwendung wendet, trägt grundsätzlich die Beweislast für das Fehlen eines solchen Interesses.

Im vorliegenden Fall hatte die Erblasserin das Grundstück, welches ihr wesentliches Vermögen darstellte, weit unter Wert an ihre Tochter veräußert; der Sohn war ebenso wie die Tochter in einem Ehegattentestament als Schlusserbe des letztversterbenden Ehegatten eingesetzt worden.

Das OLG Köln ging davon aus, dass der gegenüber dem Verkehrswert des Grundstücks um nahezu die Hälfte geringere Kaufpreis keine missbräuchliche (Teil-) Schenkung darstellt, da die Tochter sich in dem Übertragungsvertrag darüber hinaus zu persönlichen Zuwendungen und Besorgungen der Angelegenheiten der Mutter bis an ihr Lebensende verpflichtete. Die Erwartung, von einem nahen Angehörigen im Alter begleitet und / oder versorgt zu werden, sei „bereits für sich genommen als starkes persönliches Eigeninteresse eines Erblassers anzusehen“. Hier sei ein subjektiver Bewertungsspielraum zuzugestehen.

 

Für die Praxis:

Sofern bei einer bindenden Erbeinsetzung in einem Erbvertrag oder Ehegattentestament zu Lebzeiten des Erblassers eine Zuwendung größeren Umfangs erfolgen soll, ist stets das Eigeninteresse zu prüfen. Erfolgt die Übertragung im Gegenzug zu der Verpflichtung, persönliche Leistungen wie Pflege, Besorgungen, etc. zu erbringen, muss diese Verpflichtung wertmäßig nicht dem Wert der Zuwendung entsprechen; der Erblasser darf sich dies „etwas kosten lassen“.