Auch der Vater eines erst zweijährigen Kindes hat ein Recht auf Besuchskontakte des Kindes mit Übernachtungen.

Dies entschied das Bundesverfassungsgericht in einem nun veröffentlichten Urteil (Az: 1 BvR 1827/06) und hob damit einen Beschluss des Oberlandesgericht München auf. Dieses hatte den vom Amtsgericht Rosenthal angeordneten Umgang des Vaters auf einige Stunden am Tag begrenzt und die Übernachtungen ausgesetzt.

Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, dass auch bei einem noch kleinen Kind ein Umgangsrecht mit Übernachtungen grundsätzlich dem Kindeswohl entspricht, sofern nicht besondere Umstände dagegen sprechen.

 

Es betont in diesem Zusammenhang, dass das Umgangsrecht eines Elternteils ebenso wie die elterliche Sorge des anderen Elternteils unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz steht: „Beide Rechtspositionen erwachsen aus dem natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Elternverantwortung und müssen von den Eltern im Verhältnis zueinander respektiert werden. Der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, muss grundsätzlich den persönlichen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil ermöglichen".

 

Eine zeitliche Einschränkung - wie etwa die Beschränkung des Umgangs auf einige Stunden am Wochenende - oder eine Aussetzung des Umgangs ist danach nur angezeigt, wenn der Schutz des Kindes dies nach den Umständen des Einzelfalls erfordert, wenn also andernfalls eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung droht.

 

Das Bundesverfassungsgericht führt weiter aus, dass der Wille des Kindes bei der Regelung des Umgangsrechts grundsätzlich zu berücksichtigen sei, soweit er mit dem Wohl des Kindes vereinbar ist. Die Familiengerichte seien gehalten, den Willen des Kindes möglichst zuverlässig zu ermitteln. Sofern das Gericht von der Beiziehung eines Sachverständigen absehe, müsse es anderweitig über eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage verfügen. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist auch ein kleines Kind grundsätzlich anzuhören; in vielen Fällen ist daneben die Hinzuziehung eines Verfahrenspflegers erforderlich.

 

Ein Verfahrenspfleger nimmt in einer gerichtlichen Auseinandersetzung der Eltern über das Sorge- oder Umgangsrecht die Rechte des Kindes wahr. Er wird immer und gerade dann heran gezogen, wenn die Eltern sehr zerstritten sind und dadurch anzunehmen ist, dass keiner von ihnen die Belange des Kindes ausreichend berücksichtigen kann oder das Kind durch den Konflikt der Eltern stark belastet wird.

 

Für die Praxis bedeutet diese Entscheidung Folgendes: Sofern der nicht betreuende Elternteil eine ausreichende Schlafmöglichkeit für das Kind hat, beinhaltet sein Umgangsrecht auch bei einem erst zweijährigen Kind grundsätzlich Übernachtungen bei ihm. Eine Beschränkung des Umgangs auf einige Stunden ist nur dann gerechtfertigt, wenn besondere Umstände dies für das Kindeswohl erfordern.