Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftssteuer vom 07. November 2006, Az. 1 BvL 10/02, hat die Bundesregierung bis Ende 2008 Zeit, die Bewertungsregelungen im Erbschaftssteuerrecht neu zu gestalten; nach neuesten Berichten könnte die Reform der Erbschaftssteuer jedoch nun bereits ab Januar 2008 in Kraft treten. An diesem Freitag soll der Entschließungsantrag der Bundestagsfraktionen von Union und SPD verabschiedet werden.

Geplant ist neben der geänderten Bewertung von Immobilien (vgl. hiesigen Artikel zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts) vor allem eine Änderung bei der Besteuerung von Betriebsvermögen: Danach wird im Rahmen der erbschafts- und schenkungssteuerlichen Bewertung eines Unternehmens voraussichtlich nicht mehr auf den Steuerbilanzwert zurück gegriffen werden können - das Bundesverfassungsgericht hatte auch hier die Bewertung nach dem Verkehrswert gefordert. Konsequenz ist, dass bilanzpolitische Maßnahmen wie die Wahl von degressiver oder linearer Abschreibung, Sofortabschreibungen oder erhöhte Absetzungen für stille Reserven die Bewertung nicht mehr beeinflussen werden, immaterielle Wirtschaftsgüter wie der Geschäftswert hingegen werden zukünftig nicht mehr unberücksichtigt bleiben.

Noch nicht endgültig entschieden ist das sog. Abschmelzungsmodell für produktives Betriebsvermögen, wonach jedes Jahr 10 Prozent der Steuer erlassen werden, so dass die Steuer nach 10 Jahren vollständig entfällt. Voraussetzung ist, dass der Betrieb in seinem Personalbestand innerhalb von 10 Jahren nach dem Erbfall nicht vermindert wird, dass also angestellte Mitarbeiter innerhalb dieser Zeit nicht gekündigt werden. Freibeträge und Bewertungsabschläge fallen voraussichtlich nach diesem Modell ersatzlos weg.

Als Alternative wird nun das sog. Abzins-Modell vorgeschlagen, nach dem die Erbschaftssteuer 10 Jahre lang in gleichen Raten gestundet wird. Zahlt der Erbe sie sofort, soll er die Zinsen für die 10 Jahre als Abschlag erhalten. Möglicherweise würden von diesem Steuervorteil das gesamte Betriebsvermögen, also auch etwa Grundstücke, erfasst; die Abgrenzungsprobleme zwischen produktivem und nicht produktivem Betriebsvermögen bestünden dann nicht. Verknüpft wäre dieses Modell mit niedrigeren Steuersätzen in der Steuerklasse I und höheren Freibeträgen.

Es bleibt abzuwarten, welches Konzept der Steuererleichterung für Unternehmen sich durchsetzen wird.

Die derzeitige Rechtslage:

Wird ein Unternehmen nach derzeitiger Rechtslage vererbt oder bereits lebzeitig verschenkt, wird ein besondere, nur für Betriebsvermögen geltender Freibetrag in Höhe von 225.000,00 € gewährt, allerdings nicht für jeden Erben gesondert, sondern insgesamt. Der dann verbleibende Wert des Unternehmens (derzeit der Buchwert) wird lediglich mit 65 % angesetzt, so dass Vermögenswerte bis zu 346.000,00 € gänzlich unbesteuert bleiben. Zuzüglich des persönlichen Freibetrages, der bei einem Kind bei 205.000,00 € liegt, erhöht sich der unbesteuerte Betrag auf 660.000,00 €. Diese Vorteile entfallen allerdings, wenn der Betrieb innerhalb von 5 Jahren nach dem Erwerb veräußert oder aufgegeben wird. Darüber hinaus wird ein zusätzlicher Entlastungsbetrag für Personen der Steuerklassen II und III gewährt, so dass die Übertragung des Unternehmens auch etwa auf Eltern, Geschwister oder Neffen, den geschiedenen Ehegatten, vor allem aber auch auf außerhalb der Familie stehende Dritte privilegiert wird.

Wie die persönlichen Freibeträge kann auch der Freibetrag für Betriebsvermögen nach Ablauf von 10 Jahren erneut in Anspruch genommen werden; eine lebzeitige Übertragung des Unternehmens in mehreren Teilen kann sich also lohnen!

Die Folgen für die Praxis:

Die erbschaftssteuerliche Privilegierung von Immobilien- und Betriebsvermögen wird nach der Reform zumindest nicht in dieser Form weiter bestehen. Insbesondere bei ertragsstarken Unternehmen wird sich die erbschafts- und schenkungssteuerliche Bewertung aller Voraussicht nach erheblich erhöhen; die derzeitige Rechtslage sollte daher dringend noch genutzt werden (sofern die Reform keine Rückwirkung auf Altfälle vorsieht).

Als Folge der vorgesehenen Beschränkung der Privilegierung auf Produktivvermögen wird es nach der Reform nicht mehr möglich sein, durch Einbringung eines privaten Grundstücks in eine gewerblich geprägte Gesellschaft von der Steuerprivilegierung von Betriebsvermögen zu profitieren. Daher kann es sich in diesem Jahr noch erheblich lohnen - sofern das Gesetz auch hier keine Rückwirkung vorsehen wird -Immobilienvermögen von größerem Wert in eine GmbH % Co. KG einzubringen, deren Zweck die Verwaltung der Grundstücke ist, um die Gesellschaftsanteile anschließend den Kindern oder Dritten steuerlich günstig zu schenken (vgl. hier unter „Erbrecht" - „Vorsorgen" - „Erbschafststeuer").